Erstmals und kongenial ins Deutsche übertragen: Wordsworths Hauptwerk, eines der großen Blankvers-Essays der Weltliteratur, beschreibt die geistige Entwicklung des Dichters und erhielt daher posthum den Titel »The Prelude, or Growth of a Poet's mind«. Vergleichbar mit Rousseaus »Confessions« oder Moritz' »Anton Reiser« breitet Wordsworth darin eine autobiografische Erfahrungsseelenkunde aus, die sich in knapp 10.000 Versen mit poetologischen und philosophischen Raisonnements sowie mit einem Epochenportrait der Zeit von 1770 bis 1805 verschränkt. Die hier übersetzte Version aus dem Jahr 1805 unterscheidet sich fundamental von der 45 Jahre lang revidierten und umgeschriebenen Fassung von 1850. Hinreißend schwärmerisch, dem Himmel und den Künsten zugewandt, erweist sich der junge Wordsworth als einer der ganz großen Sehnenden der Weltliteratur.
William Wordsworth, geboren 1770 in Cockermouth, wurde entscheidend geprägt durch die Französische Revolution. Aufgewachsen im nordenglischen Lake District, wo er Rousseaus Naturfrömmigkeit in einen enthusiastischen Pantheismus übersetzte, zog er nach den Studienjahren in Cambridge und London nach Frankreich, wo er Zeuge der Terreur wurde. Die Parteinahme für die republikanischen Ziele und die Abscheu vor dem Morden führten zu einer Krise, deren moralphilosophische Bewältigung seine gesamte Dichtung prägte. Als führender Vertreter der englischen Romantik, die er 1798 zusammen mit Samuel Coleridge initiierte, zählt er heute neben Shakespeare und Dickens zu den englischen Autoren höchsten Rangs.