Karin Petersen schreibt über die plötzliche Konfrontation mit dem Sterben der Eltern. Und damit auch über die Begegnung mit großen Fragen oder Rätseln, nicht nur was deren Rolle als Eltern betrifft. Wie begreift man aber so ein Leben? Vielleicht in einem nicht nur traurigen Abschiednehmen von vertrauten oder rätselhaften Redensarten und Gesten, nie ausgesprochener Sehnsucht, von schönen oder auch schmerzlichen Momenten. Und dabei wächst eine vorsichtige Ahnung: je näher man einem Menschen kommen will, gerade auch einem "nahe stehenden", umso rätselhafter und spannender wird sein Leben, die ganze Kette von Zufällen, von großen und kleinen Entscheidungen, von Hoffnungen und Enttäuschungen, von Ängsten, Kompromissen und Sturheit, manchmal auch von Zuneigung und Liebe. Ein Rätsel, dem man sich nur stellen kann, indem man es wahrnimmt, anerkennt und ihm dadurch etwas Zerbrechliches gibt: Würde.
Dramaturgisch gekonnt entwirft der Roman in perspektivisch wechselnden Passagen, in Dialogen, Brieftexten und historischen Momentaufnahmen ein Bild zweier Menschen, die in der gleichen Zeit, der Zeit des Zweiten Weltkriegs, aufwachsen, davon aber ganz unterschiedlich geprägt werden. Zwei Menschen einer Generation, die ihre Jugend, ihre Träume und Wünsche kaum ausleben konnte und sie oft für ein ganzes Leben in sich begrub.
Karin Petersen, 1950 geboren, Studium der Germanistik und Politologie, von 1976 bis 79 Redakteurin der Frauenzeitschrift "Courage", 1980 bis 1984 "Lehr- und Wanderjahre": wiederholte längere Aufenthalte in Indien und den USA, Ausbildungen in verschiedenen Formen von Meditation und Yoga, Arbeit als Putzfrau, Gärtnerin, Schreibkraft in diversen Büros, Familienhilfe, Hauswartsfrau. Seit 1984 Leitung von Workshops für kreatives Schreiben für Kinder und Erwachsene. Lebt als Übersetzerin aus dem Englischen und Autorin in Berlin. 1978 erscheint ihr erster Roman "Das fette Jahr", "Reisen ist Rückkehr", 1984.