»Ein Unvergleichlicher« - so wurde André Dhôtel schon zu Lebzeiten genannt. Die vermeintliche Harmlosigkeit der kristallklaren Sätze seiner Prosa täuscht nur auf den ersten Blick darüber hinweg, dass sie direkt in die unendlichen Weiten der »Weltinnenräume« unserer Seelen führen, wie Philippe Jaccottet notierte.
Bernard der Faulpelz, ein typischer Charakter Dhôtels bukolisch anmutender Romane, wird getragen von einer stillen Sehnsucht: Lebend in einer Kleinstadt, die Augen offen für das Wunderbare in der Welt des Kleinen und Alltäglichen, entführt er den Leser in die wahre Wirklichkeit, die Dhôtel »in der Gestalt klar umrissener Rätsel« (Peter Handke) sichtbar macht.
André Dhôtel, 1900 in Attigny, Ardennes, geboren, wuchs zunächst in der Nähe von Reims, dann in Autun auf. Nach einem Studium der Philosophie an der Sorbonne unterrichtete er ab 1921 in einem Lycée in Saint-Omer, Pas-de-Calais, und von 1924 bis 1928 in Athen. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich war er bis 1961 beamteter Studienrat in Béthune, Provins, Charolles, Valognes und Coulommiers. 1930 veröffentlichte er im Verlag Gallimard seinen ersten Roman (Campements), dem lange kein zweiter folgte. Erst 1943 glückte ihm mit dem Roman Le Village pathétique eine weitere Veröffentlichung, der insgesamt über 50 Bücher folgten. Ein erster Erfolg gelang ihm 1948 mit dem Roman David, der mit dem Prix Sainte-Beuve ausgezeichnet wurde. Der Durchbruch und die Bestätigung durch den Prix Femina gelang 1955 mit dem auch ins Deutsche übersetzten Roman Le pays où l'on n'arrive jamais. Es folgten viele weitere Preise. Nach Beendigung seiner 40-jährigen Unterrichtstätigkeit lebte er abwechselnd in Paris, im Kanton Attigny und in Provins, der Heimat seiner Frau. Er starb 1991 im Alter von 90 Jahren.