Das Jahrbuch 2016 des Simon-Dubnow-Instituts widmet sich in zwei Schwerpunkten aus unterschiedlichen Blickwinkeln Stationen jüdischer beziehungsweise israelischer Diplomatiegeschichte. Der erste Schwerpunkt befasst sich mit Problemfeldern bei der Ausgestaltung des modernen Staatensystems seit dem 19. Jahrhundert, die für die europäischen Judenheiten von zentraler Bedeutung waren. Gezeigt wird, wie und in welcher Form Fragen von Staatsbürgerschaft, Emanzipation, Minderheitenschutz und humanitärer Intervention in den modernen Debatten zur internationalen Politik hervortraten und welche Lösungsansätze jüdische Protagonisten entwickelten. Der zweite Schwerpunkt untersucht mit dem deutsch-israelischen Wissenschaftsaustausch seit 1959 einen besonders belasteten Fall internationaler Beziehungen. Anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der diplomatischen Kontaktaufnahme zwischen beiden Ländern werden vor allem die Widersprüche und Ungleichzeitigkeiten der wissenschaftlichen Zusammenarbeit in den Blick genommen. Inwiefern wurde an Traditionen deutsch-jüdischen Geisteslebens angeknüpft und wie bildete sich der Zivilisationsbruch des Holocaust in ihnen nach. Im Allgemeinen Teil und in den Rubriken des Jahrbuchs finden sich Beiträge zur politischen Ideengeschichte, zur Nationalismusforschung, Staatsbildung und Minderheitenfrage, zur Buber-Scholem-Kontroverse und zur deutsch-jüdischen Nachkriegsgeschichte.
Raphael Gross ist Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum und Professor an der Universität Leipzig. Von April 2015 bis April 2017 war er Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für jüdische Geschichte und Kultur.