Die Wolga ist in Russland seit Langem ein nationales Symbol. Guido Hausmann schildert, wie sich die Bedeutung des Flusses als kollektiver Erinnerungsort seit dem 17. Jahrhundert entfaltete und wandelte. Geistliche sprachen von der Wolga als Jordan und verbreiteten damit die christliche Botschaft, Aufklärer bezeichneten sie als Arterie Russlands und symbolisierten so dessen imperiale Machtentfaltung, und nationalrussische Autoren betonten die landschaftlichen Vorzüge der Wolga gegenüber dem Rhein. Seit dem 18. Jahrhundert ist in Treidlerliedern die Bezeichnung »Mütterchen « Wolga überliefert, eine Vorstellung, die bis heute lebendig ist.
Inhalt
Vorwort
1. Einleitung
2. Die Wolga als Idil': Der Erinnerungsort der Türkvölker an der mittleren und unteren Wolga
3. Die Wolga als Jordan: Der orthodoxe Erinnerungsort
3.1. Einleitung
3.2. Die poetische Legende: Das Tolgskij-Kloster bei Jaroslavl'
3.3. Zur Bedeutung des Tolgskij-Klosters und zur Verehrung der Ikone
3.4. Die Wolga und die kulturelle Expansion des orthodoxen Raumes
3.5. Zusammenfassung: Die Wolga als Jordan
4. Die Wolga als imperialer Fluss
4.1. Die Wolga als "Ursprung aller Kommunikation im Russländischen Reich"
4.1.1. Imperiale Geographie und Kanalbauprojekte im frühen 18. Jahrhundert
4.1.2. Russland als ökonomischer Raum und die Kanalisierung der Wolga im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert
4.1.3. Zusammenfassung
4.2. Die imperiale Aneignung des Flusses: Katharinas Fahrt auf der Wolga im Jahre 1767
4.2.1. Zur Vorgeschichte zarischer Flussreisen
4.2.2. Die Wolgafahrt von Katharina II.
4.2.3. Folgen: Traditionsbegründung herrschaftlicher Wolgafahrten
4.3. Die Wolga als Rha. Westeuropäische Landesbeschreibungen, Reise- und Expeditionsberichte vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
4.4. Zusammenfassung: Die Wolga als imperialer Fluss
5. Die Wolga als "Mütterchen Wolga": Die Wolgatreidler vom 17. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
5.1. Die "kulturelle Entdeckung" der Wolgatreidler in der Mitte des 19. Jahrhunderts
5.2. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte der Wolgatreidlerei
5.2.1. Aufstieg bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
5.2.2. Höhepunkt und Niedergang bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts
5.3. Die Wolga in Treidlerliedern
6. Stepan Razin und die Wolga als Fluss der Freiheit
7. Im Zeitalter der Dampfschifffahrt: Wolgafahrten als Fahrten in die eigene Kultur und Geschichte
7.1. Vorbemerkung
7.2. Das Wolgadampfschiff
7.3. Auf dem Passagierschiff die Wolga abwärts: Der Schauraum des Imperiums
7.3.1. Vier Pionierdarstellungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts
7.3.2. Die Wolga als Rhein: Wie die Wolga russisch wurde
7.3.3. Abseits des Dampfschiffes: Die Sakralisierung der Wolgaquelle
7.3.4. Die Wolga als Nil und die Frage nach der russischen Zivilisation
7.4. Zusammenfassung
8. Zusammenfassung
Verzeichnis der Abkürzungen
Verzeichnis der Abbildungen
Bibliographie
Register
Guido Hausmann vertritt zurzeit den Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Universität Freiburg.