Dass Geld nicht nur Träger von "Kaufkraft" ist, sondern seinem Besitzer Macht verleiht, ja, dass es sich seines Willens und seiner Seele selbst bemächtigt, war zu allen Zeiten ein zentrales Thema der schönen Literatur. Für Shakespeare war Geld das "stärkste Gift", für George Bernhard Shaw "das Allerwichtigste auf der Welt", für Robert Musil "das Maß aller Dinge" (Weimer 1994). Die Aufmerksamkeit, die das Thema Geld in der Poesie immer genossen hat, hat in der Wissenschaft freilich bis heute nur wenig Widerhall gefunden. Für die Soziologie beschreibt Ganßmann (1996, S. 17) die Situation treffend wie folgt: "Weil es als normal gilt, daß fast das ganze soziale Leben am Tropf des Geldes hängt, richtet sich die soziologische Aufmerksamkeit kaum auf diese Normalität, eher auf verbliebene nicht-monetarisierte Bereiche, etwa die zarten Pflänzchen der Lebenswelt, oder die schon seit Beginn der modernen Gesellschaft bedrohten, 'letzten' moralischen Ressourcen". Auf die Frage nach dem Geld pflege der Soziologe zu antworten: "Dafür bin ich nicht zuständig. Der Kollege von nebenan kommt gleich". Aber, so stellt sich bald heraus: Auch der "Kollege von nebenan", nämlich der Ökonom, weiß zum Geld nicht allzu viel zu sagen. Die Wirtschaftstheorie betrachtet das Geld als Wertmaß und Tauschmittel. Man geht von der Vorstellung eines "realen" Tausches von Gütern gegen Güter aus, der - im Gleichgewicht - zu einer bestimmten Struktur der geldlos gedachten relativen Preise führt. Das Geld wird erst im zweiten Schritt eingeführt: als eine "Notlösung" (Aglietta 1993, S.
I. Geld als Kommunikationsmedium.- Das Geldspiel.- Die Ordnung der Gesellschaft als Zahlungswirtschaft.- Die Form der Zahlung.- II. Geld und Religion.- Kapitalismus, Religion und Unternehmertum: eine unorthodoxe Sicht.- Die Legitimität des Geldes.- Geld - der allergewöhnlichste Abgott auf Erden (Martin Luther). Die Zivilreligion des Alltags im Kapitalismus.- III. Geld und Moderne.- The Coming Only is Sacred - Rush to the Future. Über Zeit, Geld, Zukunft heute.- Irreflexive Moderne. Die Folgen der Dematerialisierung des Geldes aus der Sicht einer tauschtheoretischen Soziologie.- IV. Psychologie des Geldes und des Konsums.- Money madness. Eine psychodynamische Skizze.- Symbols for Sale: Funktionen des symbolischen Konsums.- V. Geld und Sozialcharakter.- Geld in der Erziehung. Über Knappheit als paedagogicum.- Prekäre Balancen - Liebe und Geld in Paarbeziehungen.- Geldkrisen und Währungsreformen. Schichten-Schicksale, Sozialcharaktere und Sozialisation.- Zählen oder Erzählen. Hinweise auf neuere Geld-Literatur.- VI. Zentralbanken und Finanzmärkte.- Geld und Politik: Autonomisierung und Funktionswandel von Zentralbanken.- Spekulative Blasen und ihre Bedeutung in hochentwickelten Industrieländern.- Verzeichnis der Autorinnen und Autoren.- English abstracts.
Dr. Christoph Deutschmann ist Professor für Soziologie an der Universität Tübingen.