Kann es das geben, einen guten, linken Populismus? Chantal Mouffe vertritt die Auffassung, dass dies möglich und sogar notwendig ist - eine Position, die ihr auch Kritik eingetragen hat. Führt das nicht zu einer gefährlichen Emotionalisierung? Läuft das nicht ebenfalls auf eine Unterscheidung zwischen gutem Volk und bösem Establishment hinaus? Politik, so Mouffe, funktioniere nun einmal über konfrontative Wir/sie-Konstruktionen; und ja, es gebe eine Art »Oligarchie«, die eine Verwirklichung demokratischer und ökologischer Ziele verhindere. Dies mache klare politische Alternativen und neue progressive Allianzen erforderlich. Eine so präzise wie provokante Intervention, die angesichts der Krise sozialliberaler Parteien und der Debatte um »Identitätspolitik« für Gesprächsstoff sorgen wird.
Chantal Mouffe ist emeritierte Professorin für Politische Theorie an der University of Westminster. Sie lehrte und forschte an diversen Universitäten Europas, Nord- und Südamerikas und ist korrespondierendes Mitglied des Collège International de Philosophie in Paris. Ihr gemeinsam mit dem argentinischen Politikwissenschaftler Ernesto Laclau verfasstes Buch Hegemonie und radikale Demokratie gilt als ein Grundlagentext des Postmarxismus. Mouffe und Laclau entwickeln darin ein Modell der »agonistischen Politik«, das Mouffe in Über das Politische weiter ausarbeitete. In der Auseinandersetzung mit Ulrich Becks Konzept der Subpolitik und Anthony Giddens' Programm des Dritten Wegs kommt Mouffe zu dem Ergebnis: »Ich behaupte, es ist nicht nur konzeptionell falsch, sondern auch mit politischen Gefahren verbunden, wenn das Ziel demokratischer Politik in Begriffen von Konsens und Versöhnung anvisiert wird. Das Streben nach einer Welt, in der die Wir-Sie-Unterscheidung überwunden wäre, basiert auf fehlerhaften Prämissen, und wer sich diese Vision zu eigen macht, muß die tatsächliche Aufgabe demokratischer Politik zwangsläufig verkennen.«