Die Marc Aurel-Säule ist mit ihrem figurenreichen Fries ein Schlüsselmonument römischer Repräsentationskunst. Da sie selbst in der aktuellen Forschung stets im engen Vergleich mit der Trajanssäule betrachtet wird, steht eine systematische Analyse des Bildmaterials noch aus. Die vorliegende Arbeit gibt die scheinbar selbstverständliche Prämisse dieser Vorrangstellung auf und nimmt die Marc Aurel-Säule als eigenständiges Denkmal in den Blick. Die Analyse der Formen kaiserlicher Repräsentation folgt dabei nicht der immer noch weit verbreiteten Annahme, dass kaiserliche Handlungsszenen primär als bildliche Chiffren für abstrakte politische Begriffe und Tugendvorstellungen zu verstehen sind. Vielmehr werden die Szenen von Profectio und Marsch, der Ansprache, des Opfers, der Unterwerfung sowie der Begegnung und Interaktion zwischen dem Kaiser und den Fremden daraufhin untersucht, welche (neuen) ikonographischen und narrativen Mittel zur Selbst-Darstellung des Kaisers eingesetzt worden sind. Dadurch lässt sich zeigen, wie wenig die Etikettierung der Szenen durch Wertbegriffe wie virtus, clementia oder pietas den vielfältigen Bildentwürfen gerecht wird - und wie eigenständig und innovativ das Reliefband der Marc Aurel-Säule tatsächlich ist.
Johannes Griebel, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München.