Joyce Carol Oates, geboren 1938, schrieb mehrere US-Bestseller, wie "We were the Mulvaneys", "Blonde" und "The Falls". Oates studierte Englisch und Philosophie und lehrt seit 1978 in Princeton. Für ihre Romane, Erzählungen, Gedichte und Theaterstücke erhielt sie zahlreiche Preise, u. a. den National Book Award. 2020 wurde sie für ihr Lebenswerk mit dem internationalen Cino del Duca Preis ausgezeichnet. Bei Osburg erschien im Frühjahr 2020 ihr Roman "Verfolgung".
In diesem Band mit vier bisher unveröffentlichten großen Erzählungen der bekannten Autorin werdendie Leser wieder einmal in eine Welt schaurig-spannender, psychologisch reizvoller Beziehungen befördert. Auslöser sind Vorfälle, die jedem von uns geläufig sind, sei es aus persönlicher Erfahrung oder durch Medienberichte. Da ist der Telefonanruf eines Fremden - soll ich den Anruf annehmen oder besser nicht? -, eine zugelaufene, herumstreunende Katze - kann sie die Rettung sein? -, die Beziehung einer jungen Studentin zu ihrem Mentor oder ein ungeklärter Selbstmord. In jeder dieser Erzählungen entspinnt sich zwischen den Protagonisten ein psychologisches Geflecht, das Vergangenheit und Gegenwart, Gedanken und Handlungen miteinander verflicht. Im Zentrum stehen bei Oates die bedrohlichen Erlebnisse junger Frauen, die sich in der Gegenwart mit Geschehnissen aus ihrer Vergangenheit auseinandersetzen müssen.
Mit dieser Zusammenstellung ist es dem US-Verleger in einem geschickten Schachzug gelungen, Oates' Herzensanliegen - nämlich aufzuzeigen, wie Frauen in einer häufig psychisch und körperlich brutalen Männerwelt bestehen - in einem kompakten, inhaltlich stringenten Erzählband auf den Punkt zu bringen. Die Erzählungen sind spannend, überraschend, bemerkenswert. Die roten Fäden, die sich vom ersten Satz bis zur endgültigen Auflösung auf der letzten Seite durch die Geschichten ziehen, sind sprachlich fein durchdacht und auf höchstem literarischen Niveau.