Sie sind das letzte indigene Volk in Europa und leben in Sápmiland, das sich auf die Staatsgebiete von Schweden, Norwegen, Finnland und Russland erstreckt. Die aus Münster stammende Fotografin Monika Belting hat über viele Jahre hinweg, den schwedischen Teil von Sápmiland besucht. Dabei sind viele atemberaubende Fotos entstanden.
In der Vorstellungswelt der Sámi gilt ihr gesamter Lebensraum als geheiligt. Berge, Flüsse, Seen und auch einzelne große Steine sind göttlich beseelt, viele andere Orte werden von Geistern bewohnt. Es wird berichtet von Eingängen zu anderen Welten, etwa in den Sájvva-Seen mit ihren doppelten Böden oder an verborgenen Pforten in heiligen Bergregionen. Die sámische Tradition zeichnet sich in einem besonders hohen Maß durch eine tief verwurzelte Immaterialität aus. Der Umgang mit Natur und Transzendenz schöpft aus einer allgegenwärtig-diesseitigen Spiritualität. Die religiöse Geographie der Sámi besteht aus vielen heiligen Orten mit unterschiedlichen Bedeutungen, verbunden mit einer Vielzahl ritueller Aktivitäten. Eine Welt, in der die Natur ein wichtiger Teil für den Lebensunterhalt und zugleich für das religiöse Selbstverständnis ist. Es ist kein Zufall, dass sich 80 Prozent der weltweit verbliebenen Arten auf Gebieten befinden, die von indigenen Völkern wie den Sámi genutzt werden. Sie stehen seit Jahrtausenden in einer respektvollen Beziehung zu Pflanzen und Tieren.
Ich wusste stets, dass prägende Erlebnisse aus der Kindheit sich mir als etwas Kostbar-Verborgenes für mich bewahrt haben. Dieses Gefühl, dem ich seitdem wieder nahezukommen trachte, lässt mich immer wieder weit über den Horizont blicken und weit hinaus bis an meine eigenen Grenzen reisen. Bilder meiner Kindheit transformieren sich so in Gestalt und Wirklichkeit. Kulte, die es vor Jahrtausenden überall gab, wo Menschen im mittleren und nördlichen Eurasien zusammenlebten, offenbaren sich mir in winzigen, weit über den Globus verstreuten Refugien geistiger Praxis.
So kam ich früh in Begegnung mit indigenen Kulturen vom Himalaya bis in den europäischen Norden. Die Sichtweise dieser Menschen beeinflusst mich zutiefst.
Orte, Menschen und Landschaft in der Sápmi im hohen Norden Europas, die ich zwischen 1977 und 2024 Jahr für Jahr immer wieder besuche, üben dabei eine ganz besondere Anziehung auf mich aus. Ich fühle, es ist weit mehr als nur die überwältigende Weite und weitgehende Unberührtheit der Natur: Es ist die heilige Landschaft, die mich immer wieder in ihren Bann zieht. Sie repräsentiert das kostbare Verlorengeglaubte, das ich vermisste. Hier lässt sich der in unserer modernen Gesellschaft tief gewordene Graben zwischen Geist und Natur überwinden.
Die ethnographisch-dokumentarische Basis für dieses Buch und quasi mein einziger Vorläufer ist Ernst Mankers "Lapparnas heliga ställen" aus dem Jahre 1957. In diesem Sinn verstehe ich mein Werk als eine zeitgemäße Ergänzung und Fortschreibung.