Der junge Priester Paulo muss an einem einzigen Wochenende seine Entscheidung für oder gegen das Zölibat treffen, denn als Priester darf er solche Grenzen nicht überschreiten. Die Ansprüche von "La Madre" (so der Originaltitel des 1920 erschienenen Buchs) scheinen ihn zu zerreißen. Auch für die Mutter steht alles auf dem Spiel. Schlimmstenfalls verliert sie ihren über alles geliebten Sohn.
Einige Jahre hat der junge Priester Paulo seelsorgerisch in einem kleinen italienischen Dorf gewirkt. Seine Mutter, für die ihr Sohn den einzigen Lebensinhalt darstellt, unterstützt ihn und bekommt viel Anerkennung aus der Dorfgemeinschaft. Paulo verliebt sich in eine junge Witwe und ist nun sowohl ihren als auch den Ansprüchen seiner Mutter ausgesetzt, vor allem aber seinem priesterlichen Gelübde. Die Spannung um seinen Gewissenskonflikt steigt ins Unermessliche.
Ein großartiges Buch, 1920 vorgelegt von Grazia Deledda, neu übersetzt von Ulrike Lemke.
Dass Grazia Deledda für ihr Gesamtwerk den höchsten Literaturpreis verliehen bekam, kann nach Lektüre des Buchs niemanden verwundern.
Grazia Deledda (1871-1936) stammt aus Sardinien und erhielt 1926 als zweite Frau den Nobelpreis für Literatur. Bereits als 15-Jährige veröffentlichte sie erste Texte in sardischen Zeitungen. Im Alter von 29 Jahren zog sie mit ihrem Mann nach Rom. Sie schrieb über 50¿Erzählungen und Romane. Viele von ihnen haben als Hauptfigur engagierte Frauen, die zwischen Ehre und Glauben in Konflikt mit gesellschaftlichen Vorurteilen geraten. Das Nobelpreiskomitee lobte insbesondere die Tiefe und Wärme, mit der Deledda die Konflikte beschrieb.