In dieser Studie werden die Gerichtsaussagen des Judasbriefes eingehend auf ihren Inhalt, ihre Funktion und ihren Anspruch im Textganzen untersucht. Ausgehend von einer detaillierten Analyse der Struktur des Judasbriefes und einer Untersuchung der Kommunikationssituation kann der Streitpunkt zwischen dem Briefschreiber und seinen Gegnern bestimmt werden: Es geht um das Festhalten bzw. die Ablehnung des Parusieglaubens. In der um diesen Glauben kreisenden Auseinandersetzung, in welcher der Autor nicht weniger als die Identität seiner Gemeinde auf dem Spiel stehen sieht, spricht er dann in Hinordnung auf die für ihn zentrale Erwartung des universalen Endgerichts (Jud 14-15) verschiedene Strafgerichtsankündigungen über seine Gegner aus. Fragt man weiter nach dem Anspruch dieser Ankündigungen, so tritt im Vergleich mit den einschlägigen Aussagen zur urchristlichen Prophetie bei Paulus und mit der Prophetie der Offenbarung die prophetische Dimension des Judasbriefes zu Tage: Der Brief erweist sich so als Zeugnis der urchristlichen Prophetie.
Christian Blumenthal, geboren 1979, Studium der Katholischen Theologie und der Sprachen des christlichen Orients (vornehmlich Koptisch, Armenisch und Syrisch) an der Universität Bonn und am Päpstlichen Bibelinstitut in Rom, 2006 Diakonenweihe, 2007 Priesterweihe, ab 2007 eingesetzt als Kaplan an St. Cornelius in Viersen-Dülken (Niederrhein). Seit 2021 ist er Professor für Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn.