Der japanische Literaturmarkt, die Rolle der Autoren und die Erwartungen der Leser haben sich seit den achtziger und neunziger Jahren stark verändert. Intimität ist zur öffentlichen Ware geworden und Privatsphäre hat eine andere Bedeutung erhalten. Ist da überhaupt noch Platz für die japanische Ausprägung des Ich-Romans, den shishosetsu, in dem es traditionell um Fragen der "Authentizität", "Unmittelbarkeit" und "Selbstentblößung" ging? Die vorliegende Studie zeigt, dass sich der shishosetsu wider Erwarten innerhalb der Populärliteratur und in Konkurrenz zu Blogs, Internettagebüchern, light novels oder Entertainment-Romanen behauptet hat. Gegen die massenhaft konstruierte Wirklichkeit von Fernsehen und Internet setzt der "neue shishosetsu" nun nicht mehr auf Reflexionslosigkeit oder "ungefilterte" Gefühle, sondern auf eine konstruierte Wirklichkeit mit dem Anspruch, sie sei wirklicher als die "mediale Wirklichkeit". Was früher über die direkte Entblößung des Gefühls vermittelt wurde und einst jeden Anschein von Konstruktion vermied, ist nun zur offenen Inszenierung geworden, die sich eklektisch aus der kulturellen und literarischen Tradition Japans bedient. Im Rahmen der neueren Selbstzeugnisforschung stellt die vorliegende Studie den ersten Versuch dar, sich erzähltheoretisch mit aktuellen - bisher für die Japanologie noch nicht erschlossenen - shishosetsu auseinanderzusetzen und die Art und Weise der Selbstinszenierung der Autoren sowie den medialen und kritischen Umgang mit ihnen zu bewerten.
2002- 2007 Magisterstudium der Japanologie und der Neueren deutschen Literatur
an der Freien Universität Berlin.
2003 - 2004 Studium an der Keio Universität in Tokyo.
Seit April 2008 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Ostasiatischen Seminar, Fachrichtung Japanologie, FB Geschichts- und Kulturwissenschaften, Freie Universität Berlin.
November 2009 Abschluss des Promotionsverfahrens; Titel der Dissertation: "Metamorphosen des shishosetsu in der zeitgenössischen japanischen Literatur".
Seit März 2010 Mitarbeiterin im Projekt "Coolness" im Exzellenz-Cluster "Languages of Emotion".
Beginn der Habilitationsschrift "Kühle in Japan- Eine motiv- und diskursgeschichtliche Untersuchung".
Seit dem 01.10.2013 Juniorprofessorin für japanische Literatur an der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien (Freie Universität Berlin).
I. Vorwort
II. Der shishosetsu-Diskurs seit den 1980er Jahren
1. Shishosetsu - Ein Forschungsabriss
2. Perspektiven der aktuellen shishosetsu-Diskussion
III. Werkanalysen
1. Shishosetsu-Genretheorie und Arbeitsdefinition
2. Problematisierung der Kategorie "Authentizität" im shishosetsu: Medialitätsüberschreitung durch Authentizitätseffekte
3. Faktizität und Fokusfigur als Konstanten des shishosetsu
4. Variable Stilmittel und Topoi zur Erzeugung von Authentizitätseffekten
5. Zusammenfassung
Exkurs: Shishosetsu-Spielchen
1. Der shishosetsu als Motiv in Hizaki Yus Kakikake no shishosetsu
2. Akasegawa Genpeis shishosetsu-theoretisches Kolleg
IV. Ausblick
Bibliographie