Lange Jahre wurde die baskische Unabhängigkeitsbewegung vor allem mit den Anschlägen der ETA in Verbindung gebracht. Doch das Baskenland ist seit Ende der 1970er Jahre auch die Region mit den meisten sozialen Kämpfen in Europa. Fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wurden von den Organisationsbemühungen baskischer Linken erfasst: Ein dichtes Netz von Gewerkschaften, Frauenorganisationen, Genossenschaften, Jugendbewegungen, Subkulturen, Umweltgruppen, internationalistischen und antirassistischen Netzwerken waren Ausdruck dieser hegemoniepolitischen Bemühungen. Besonders bemerkenswert ist dabei die Verankerung der politischen und sozialen Organisationen der Linken im kulturellen Leben. Im Baskenland wurden der Aufbau von sozialen Zentren und FolkloregGruppen, die Solidarität mit politischen Gefangenen und das Dorf oder Stadtteilfest, die Verteidigung der baskischen Sprache und die Solidarität mit Einwanderer*innen nie als Widerspruch begriffen.
Die Linke im Baskenland zeichnet nach, was die Organisationen der baskischen Unabhängigkeitsbewegung von der spanischen oder französischen Linken unterscheidet, warum sie eine breite soziale Verankerung erreicht hat und wie sie außerparlamentarische Kämpfe und institutionelle Politik seit über 40 Jahren miteinander kombiniert.
Raul Zelik ist Politikwissenschaftler und Schriftsteller. Er war Professor für Internationale und Vergleichende Politik an der Nationaluniversität Kolumbiens in Medellín und Vertretungsprofessor für Internationale und Intergesellschaftliche Politik in Kassel. Zu Spanien veröffentlichte er die Sachbücher Continuidad o Ruptura. Perspectivas de Cambio en el Estado espanol (Capitán Swing, 2016), Spanien. Eine politische Geschichte der Gegenwart (Bertz&Fischer, 2018) sowie den Roman Der bewaffnete Freund (Blumenbar, 2007; Neuauflage Disadorno, 2017).