Hans Keilsons Der Tod des Widersachers (1959) ist ein Roman von bestürzender Aktualität. Das Buch ist ästhetisch fesselnd. Der grundlegende Konflikt, die dramatischen Spannungseffekte lassen den Leser nicht los. Sie wirken weiter in der Imagination. In den Jahren 1921-1945 weist der jüdische Protagonist die in der Luft liegende Besessenheit »Hie Freund - da Feind« zurück, obwohl der Widersacher kein Geringerer als Adolf Hitler ist. Er ist überzeugt, dass sein »Weg zu ihm und durch ihn hindurch zugleich der Weg« zu sich selbst sei. Unter den denkbar schlechtesten geschichtlichen Verhältnissen unterzieht er das Notrecht von Feindschaft und Gewalt einer gründlichen Prüfung. Was dem keilsonschen Helden dabei vorschwebt ist, die Leser in einen inneren Vorkrieg zu verwickeln: Mögen sie sich entscheiden, auf je eigene Weise »gute Widersacher« zu sein, die Feindschaft und Hass in sich bis auf den »Urgrund« verwandeln. Dass dieses Vorgehen der Übung bedarf, steht außer Frage - wie die Weltlage »immer wieder« bekundet. An die Verfügungen von Keilsons Hauptgestalt knüpft dieses Übungsbuch dediziert an.
Simonetta Sanna, ord. Professorin für Deutsche Literatur und Vorsitzende der italienischen Hochschulgermanistenvereinigung (1997-2004), hat zahlreiche Publikationen zu Lessing, Büchner, Kleist, Döblin, Kafka und zeitgenössischen Autoren vorgelegt. Arbeitsschwerpunkte sind die Wahrnehmung des Wahnsinns, die Arbeit mit Sprachbildern, die Konfrontation mit der Fremde in der Reiseliteratur und die Literatur zur Aufarbeitung.