Paul Natorp wird 1854 als Sohn eines protestantischen Pfarrers in Düsseldorf geboren. Ab 1871 studiert er Musik, Geschichte, klassische Philologie und Philosophie in Berlin, Bonn und Straßburg. Seine auf Latein verfaßte geschichtswissenschaftliche Dissertation schließt er 1876 in Straßburg bei Ernst Laas ab. Nach Jahren der Tätigkeit als Hauslehrer und Hilfsbibliothekar in Marburg habilitiert er sich 1881 bei Hermann Cohen und lehrt dort ab 1885 Philosophie.Zusammen mit Cohen ist Natorp mit dem Aufbau einer Philosophie beschäftigt, die "den Gesetzen des Bewußtseinslebens in dessen Einheit und Vielgestaltigkeit- zum Beispiel als Recht, Kunst, als Arbeit, als Wissenschaft- auf die Spur kommen wollte.". Gemäß dem Programm des Neukantianismus Marburger Prägung steht dabei das Methodenideal der neuzeitlichen Naturwissenschaften im Vordergrund, u.a. als Einheit von Idee und Gesetz, Idee und Erfahrung.Natorps Forschungs- und Lehrarbeiten konzentrieren sich über ein Jahrzehnt lang auf die Grundlagen und den Aufbau der Wissenschaften und des sozialen und kulturellen Lebens. Dabei geht es ihm vor allem um die antike Geschichte der Philosophie. 1903 begründet Natorp mit Platos Ideenlehre eine neue Epoche der im kantischen Sinne idealistischen Auslegung der Platonischen Dialoge, die deren Mitte und Ziel erstmals im Begriff der "Idee", in der "Entdeckung des Logischen" ausmacht.Natorp veranschaulicht seine Philosophische Systematik in einer Vorlesungsreihe von 1922, in der der "strengste Methodenfanatiker und Logizist" der Marburger Schule mit der selbständigen Form seines späten Philosophierens hervortritt: der Überschreitung der Methode in der Idee einer allgemeinen Logik.Paul Natorp stirbt 1924 in Marburg.
Vorrangig als der »strengste Methodenfanatiker und Logizist« der Marburger Schule des Neukantianismus bekannt, trat Natorp (1854-1924) jedoch genau an diesem Punkt mit der selbständigen Form seines späten Philosophierens hervor: der Überschreitung der Methode in der Idee einer allgemeinen Logik. Unter allgemeiner Logik versteht er die streng einheitliche logische Grundlegung der Gegenstandssetzung, ja aller irgendwie logisch erfasslichen Setzung. Damit war ein Zugang geschaffen zu der von Natorp angestrebten Erkenntnis des Geistigen in seiner Ureinheit, aus der erst die Besonderungen hervorgehen. Die Vorlesungen über »Philosophische Systematik« sind im Sommersemester 1922 und 1923 gehalten worden. Sie werden als ein 'einzigartiges Begebnis' geschildert. Die Studenten sahen sich in den Wirbel einer Denkbewegung hineingezogen, die in immer neuen und sich wandelnden Ansätzen den ganzen Kosmos des Logischen durchgriff und immer wieder sich weitende Perspektiven eröffnete. «?ie Einheit von Theoretik und Praktik, in Kants Lehre vom Primat der praktischen Vernunft vorgebildet, in Fichtes Wissenschaftlehre zur Durchführung gebracht, sollte in der allgemeinen Logik Natorps erst ihre volle Universalität erreichen.« Hans Georg Gadamer