Bittschriften sind eine wichtige Massenquelle des 19. Jahrhunderts und werden für verschiedene Forschungsfragen unterschiedlicher historiographischer Subdisziplinen herangezogen: Insbesondere die Armuts-, Rechts- und Verwaltungsgeschichte nutzte Bittschriften an staatliche und außerstaatliche Adressaten vermehrt zur Charakterisierung einer »Kultur des Politischen« und zur Analyse alltags- bzw. sozialhistorischer Phänomene.
Dieser Sammelband führt Beiträge der jüngsten Bittschriftenforschung aus Mittel- und Ostmitteleuropa mit dem Schwerpunkt auf der Habsburgermonarchie und Preußen im 19. Jahrhundert zusammen. Dabei wird die Textgattung der Bittschrift, die sich im Vormärz stilistisch und inhaltlich von der Petition abgegrenzt hatte, als ein traditionelles Symbol obrigkeitlicher Macht und Willkür gezeigt, das bereits seit der Frühen Neuzeit in die zentralstaatliche Verwaltung überführt wurde und der Bevölkerung Partizipationsmöglichkeiten in Exekutive, Legislative und Judikative bot. Gleichzeitig werden mittels der Textquellen außerstaatliche Herrschaftspraktiken sowie die Entstehung privater Institutionen und deren Organisation sichtbar.
Marion Dotter ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Collegium Carolinum München tätig, wo sie zur Wirtschafts-, Adels-, Verwaltungs- und Kirchengeschichte vom 18. bis ins 20. Jahrhundert forscht.
Ulrike Marlow ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem Akademienvorhaben 'Anpassungsstrategien der späten mitteleuropäischen Monarchie am preußischen Beispiel (1786-1918)' an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.