Oscar Wilde wurde 1854 in Dublin geboren. Der Vater war Leibarzt der Königin Viktoria, seine extravagante Mutter führte einen intellektuellen Salon nach französischem Muster. Wilde studierte erst am Trinity College in Dublin, dann in Oxford, wo er sich mehr und mehr einem Ästhetizismus zuwandte, den er nicht nur in der Kunst, sondern auch im Leben zum Maß aller Dinge machte. 1884 heiratete er in London; 1885 und 1886 kamen seine beiden Söhne zur Welt. In den folgenden Jahren entfremdete er sich zunehmend von seiner Frau und wurde sich wohl auch seiner homoerotischen Neigungen deutlicher bewusst. Gleichzeitig nahm sein Ruhm stetig zu; in rascher Folge entstanden Essays, sein einziger Roman "Das Bildnis des Dorian Gray", die Märchen, Erzählungen und mehrere Theaterstücke.
1895 wurde er wegen seiner Liebesbeziehung zum jungen Lord Alfred Douglas in einen Prozess mit dessen Vater verwickelt, der ihm zum Verhängnis wurde: Wilde wurde zu Zwangsarbeit verurteilt und war nun gesellschaftlich, aber auch künstlerisch mit einem Schlag erledigt. 1897 aus seiner Einzelzelle entlassen, floh er nach Frankreich, unternahm noch einige Reisen in die Schweiz und nach Italien und starb 1900 resigniert in einem Pariser Hotel.
Einem lesenden jungen Menschen kann wohl kaum etwas Besseres passieren, als die Märchen von Oscar Wilde in die Hand zu bekommen, denn sogleich öffnet sich ihm eine wunderbar reiche Gefühls- und Wahrnehmungswelt. Die Märchen erzählen von Liebe, Schönheit, Mitgefühl und Leiden. Wilde findet so kunstvoll-anrührende Motive wie das vom glücklichen Prinzen, der eine mit Gold und Edelsteinen besetzte Statue ist und von einer Schwalbe aufgefordert wird, seinen Schmuck an Bedürftige zu verteilen. Dieser Band umfasst die Märchensammlungen »Das Granatapfelhaus« und »Der glückliche Prinz« sowie die »Gedichte in Prosa«.