Alles, was Menschen große Freude macht, ist rund um ein »als ob« gebaut: Wir laden andere ein, als ob wir unendlich reich wären; wir tanzen, als ob es kein Morgen gäbe. Solchen Einbildungen glauben wir natürlich nicht, aber wir praktizieren sie augenzwinkernd. Allerdings haben sie immer etwas Zwiespältiges an sich. Gegen dieses Zwiespältige wendet sich unter aktuellen Verhältnissen eine Stimmung, die behauptet, die Individuen wären glücklicher und freier, wenn sie immer nur bekämen, was sie ganz von sich aus glauben oder wollen. Diese Propaganda, der zufolge Menschen Fremdes, Zwiespältiges oder Unbequemes grundsätzlich nicht ertragen können, basiert genau auf der Sorte von Einbildungen, gegen die Paul Watzlawick heiter spottend angekämpft hat. Würde man jedoch die nicht geglaubten Einbildungen berücksichtigen, wäre eine andere Sicht der Dinge möglich: Menschen können ihre Herkünfte und Empfindlichkeiten hinter sich lassen. Denn sie können - gerade mithilfe von durchschauten Fiktionen und durch gemeinsames Feiern rund um zwiespältige Dinge - einander gesellig und solidarisch begegnen.
Robert Pfaller ist Professor für Philosophie an der Kunstuniversität Linz. Gastprofessuren unter anderem in Amsterdam, Berlin, Chicago, Oslo, Strasbourg, Toulouse, Zürich. Gründungsmitglied der Forschungsgruppe für Psychoanalyse »stuzzicadenti«.2007 ausgezeichnet mit dem Preis »The Missing Link« des Psychoanalytischen Seminars Zürich;2015 »Best Book Award« des American Board and Academy of Psychoanalysis (ABAPsa);2020 Paul Watzlawick Ehrenring der Ärztekammer Wien. Veröffentlichungen u.¿a.: »Die blitzenden Waffen: Über die Macht der Form« (2020), »Erwachsenensprache. Über ihr Verschwinden aus Politik und Kultur« (2017), »Kurze Sätze über gutes Leben« (2015), »Zweite Welten. Und andere Lebenselixiere« (2012);»Wofür es sich zu leben lohnt. Elemente materialistischer Philosophie« (2011);»Das schmutzige Heilige und die reine Vernunft. Symptome der Gegenwartskultur« (2008);»Die Illusionen der anderen. Über das Lustprinzip in der Kultur« (2002). Herausgeberschaften: u.¿a.: gemeinsam mit Eva Laquièze-Waniek: »Die letzten Tage der Klischees. Übertragungen in Psychoanalyse, Kunst und Gesellschaft« (2013);gemeinsam mit Beate Hofstadler: »Hätten Sie mal Feuer? Intellektualismus, Begehren und Tabakkultur« (2012).