Wer das mittelalterliche (nur das heutige Wien, Nieder- und Oberösterreich ohne das Innviertel umfassende) Österreich nicht nur in Gestalt seiner - inzwischen häufig durch Wunderwerke der Barockzeit ersetzten - mittelalterlichen Bauten und Bilddarstellungen kennenlernen möchte, sondern als ganzen geistigen Kosmos, muss sein Augenmerk auf die Schriftzeugnisse aus jener Zeit richten. Dabei hilft der vorliegende Band in Form von Ortsartikeln, die Autoren und anonyme Werke der Zeit von ca. 1060/70 bis 1440/50 geographisch zuordnen, soweit sich dies wissenschaftlich einigermaßen plausibel machen lässt - was freilich in nicht wenigen Fällen mangels ausreichender Zeugnisse nur mühselig gelingt. Der/die in Person oder im Geiste Reisende kann so imaginativ dem Vortragenden lauschen oder dem Schreibenden über die Schulter schauen, etwa in Dürnstein dem königlichen Liedersänger Richard Löwenherz, in Zeiselmauer dem Sänger des »Nibelungenliedes«, in Gaming dem geistlichen Sequenzendichter Konrad von Hainburg, in Wien den Minnesängern Reinmar, Walther von der Vogelweide, Neidhart, in Melk dem klösterlichen Erbauungsschriftsteller Lienhard Peuger, in Wiener Neustadt dem großen Talmudgelehrten Rabbi Israel Isserlein, an der Universität Wien dem berühmten Theologen Heinrich von Langenstein.