Klassiker aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, , Sprache: Deutsch, Abstract: Gewiß seid Ihr alle voll Unruhe, daß ich so lange ¿ lange nicht geschrieben. Mutter zürnt wohl, und Klara mag glauben, ich lebe hier in Saus und Braus und vergesse mein holdes Engelsbild, so tief mir in Herz und Sinn eingeprägt, ganz und gar. ¿ Dem ist aber nicht
so; täglich und stündlich gedenke ich Eurer aller, und in süßen Träumen geht meines holden Klärchens freundliche Gestalt vorüber und lächelt mich mit ihren hellen Augen so anmutig an, wie sie wohl pflegte, wenn ich zu Euch hineintrat. ¿ Ach, wie vermochte ich
denn Euch zu schreiben in der zerrissenen Stimmung des Geistes, die mir bisher alle Gedanken verstörte! ¿ Etwas Entsetzliches ist in mein Leben getreten! ¿ Dunkle Ahnungen eines gräßlichen, mir drohenden Geschicks breiten sich wie schwarze Wolkenschatten über
mich aus, undurchdringlich jedem freundlichen Sonnenstrahl. ¿ Nun soll ich Dir sagen, was mir widerfuhr. Ich muß es, das sehe ich ein, aber nur es denkend, lacht es wie toll aus mir heraus. ¿ Ach mein herzlieber Lothar! wie fange ich es denn an, Dich nur einigermaßen empfinden zu lassen, daß das, was mir vor einigen Tagen geschah, denn wirklich mein Leben so feindlich zerstören konnte! Wärst Du nur hier, so könntest Du selbst schauen; aber jetzt hältst Du mich gewiß für einen aberwitzigen Geisterseher. ¿ Kurz und gut, das Entsetzliche, was mir geschah, dessen tödlichen Eindruck zu vermeiden ich mich vergebens bemühe, besteht in nichts anderm, als daß vor einigen Tagen, nämlich am 30. Oktober, mittags um zwölf Uhr, ein Wetterglashändler in meine Stube trat
und mir seine Ware anbot.