Die Studie verbindet mit der Thematisierung des NS-Vernichtungsapparates und Frauen, die darin als Protagonistinnen wirkten, ein doppeltes Skandalon. Die Autorin untersucht die Werke von Stephan Hermlin, Hans Lebert,¿Bernhard Schlink, Lukas Hartmann und Helga Schneider. Diese ziehen¿schuldige¿Frauen nachträglich zur¿Rechenschaft, lassen ihnen¿gegenüber¿jedoch einen nicht-ausgrenzenden¿Sinn der Gerechtigkeit gelten. Aus der Erzählperspektive regt gerade die Unmöglichkeit der Vergebung das Interesse an, die Verschränkungen von Gut und Böse, Opfer und Täter wahrzunehmen. Das erfordert umfassende kognitive Fähigkeiten auch beim Leser. Das Buch fasst abschließend den Beitrag des Romans zur Aufarbeitung der Vergangenheit zusammen. Die Autorin geht hierbei der Frage nach, inwieweit die Erfahrung des Negativen zur Selbsterkenntnis des Menschen und damit auch zur Hinwendung zum anderen Menschen beiträgt.
Bernhard Schlink, «Der Vorleser»: die Aufarbeitung von Schuld - Lukas Hartmann, «Die Frau im Pelz»: im «Niemandsland des Zweifels» - Stephan Hermlin, «Die Kommandeuse»: an den ursächlichsten Quellen von Gewalt - Helga Schneider, «Lass mich gehen»: individuelles Schicksal und kollektive Dimension - Hans Lebert, «Der Feuerkreis»: das «Polemos»-Prinzip - Drei Thesen zu Roman und Gewalt.
Simonetta Sanna
ist Professorin für Deutsche Literatur an der Universität Sassari/Sardinien. Neben Aufsätzen zur Aufklärung, Romantik und zur zeitgenössischen Literatur, hat sie Monographien zu Lessing, Döblin, Büchner und Kafka veröffentlicht. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind die Arbeit mit Bildern und die Narrative des Fremden, des Wahnsinns und der Gewalt.