Die Autorin nimmt Impulse der Postcolonial Studies auf und bezieht sie auf das Russische Imperium. Sie untersucht, wie sich in russischen literarischen Texten die Herrschaft über das «Westland», also die Gebiete im heutigen Litauen, Polen, Weißrussland und der Ukraine, niederschlägt. Diese multi-ethnische Region wird im 19. Jh. durch unterschiedliche historische Narrative und literarisch-ästhetische Konventionen modelliert ¿ etwa in historischen Dramen über Polen oder humoristischen Prosa-Erzählungen über die Ukraine. Mirja Lecke zeichnet ein Bild der russischen Literatur abseits der nationalen Romantradition. Sie analysiert imperiale Dichtungen, aber auch das Werk populärer Erzähler wie Nikolaj Leskov, Aleksandr Kuprin und Vladimir Korolenko, deren Erbe noch der Avantgarde-Autor Isaak Babel¿ aufgreift.
Mirja Lecke ist Professorin für slavistische Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die russische Literatur vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart als Imperialliteratur, jüdische Kultur in Osteuropa sowie die polnische Literatur der Aufklärung und der Gegenwart.
Inhalt: Russland und die Postcolonial Studies: «Westland», Polen, Ukraine ¿ Romantik und Imperium: Puškin, Mickiewicz, Gogol¿ ¿ Geschichtsbilder und imperiale Dichtung 1830-1870: Tjut¿ev, Chomjakov, A.K. Tolstoj, A.N. Ostrovskij ¿ Erzählungen über Multiethnizität: Leskov, Korolenko, Kuprin, Babel¿.