"Kalila und Dimna" ist eine uralte Fabelsammlung, die in Indien entstand und über Persien und Arabien den Weg durch die gesamte Welt nahm - ein Klassiker im besten, lebendigsten Sinn des Wortes. Die persische Fassung, die hier erstmals in deutscher Übertragung vorgelegt wird, zeichnet sich durch eine kunstvolle, bilderreiche Prosa aus, durch eingestreute arabische und persische Sinnsprüche, Gedichte und geflügelte Worte: eben durch all das, was wir nur allzu gern als "typisch orientalisch" bewundern.
Ein riesiger Stier gerät durch mißliche Umstände in die Fremde; als er sich dort an einer saftigen Wiese gütlich getan hat, erwacht die Lebensfreude in ihm aufs neue - und er brüllt gewaltig. Dermaßen gewaltig, daß es bis ans Ohr des Löwen dringt, der ob der offensichtlichen Kraft des Eindringlings sehr ins Grübeln verfällt. Einer der beiden Schakale aus seinem Gefolge - der Titelfiguren Kalila und Dimna - will die Verunsicherung des Königs nutzen, um in seiner Gunst zu steigen: Er geht der Sache auf den Grund und bringt den Stier dann auch gleich an den Hof. Zu seinem Leidwesen muß er jedoch miterleben, wie statt seiner der fremde Stier zu Lob und Ehren kommt; von Neid zerfressen, beschließt er, den Stier bei den Hörnern zu packen und schnellstens wieder zu beseitigen. Aber wie? Es wird wohl ein wenig Blut fließen müssen...