Das Hauptwerk "Wahrheit und Methode" erscheint 2010, genau 50 Jahre nach der Erstausgabe, in durchgesehener und korrigierter Form als preiswerte Studienausgabe. Es gilt als eines der wenigen weltweit anerkannten Standardwerke der deutschen Nachkriegsphilosophie. Die große Resonanz könnte aus vielerlei Gründen erstaunen, unter anderem weil hier nur in Andeutungen eine große neue Theorie mit eigenem begrifflichen Instrumentarium vorgestellt wird; der Autor umkreist vielmehr vorsichtig uralte Themen des philosophischen Weltzugangs. Vor allem geht es um die Frage: Was geschieht eigentlich, wenn wir verstehen? Er stellt die geschichtliche Dimension des Verstehens in den Mittelpunkt, auch durch seine berühmte Rehabilitierung des "Vorurteils". Die systematischen Exkurse werden ergänzt durch eine Geistesgeschichte der Hermeneutik, die in ihrer virtuosen Behandlung so unterschiedlicher Anreger wie Hegel, Dilthey, Husserl und Heidegger überzeugt. Die Freundlichkeit und Sachlichkeit, mit der Gadamer seinen Leser ins Gespräch einlädt, machen den Rang dieses vorbildlichen Lehrbuchs aus.
Hans G. Gadamer, (1900-2002); 1918-19 Studium der Philosophie in Breslau; 1919-22 Studium in Marburg; 1922 Promotion bei Paul Natorp; 1928 Habilitation bei Martin Heidegger; 1928-37 Privatdozent für Philosophie in Marburg; 1937 a.o. Professor in Marburg; 1939 Ruf nach Leipzig; 1945 Dekan der philosophischen Fakultät in Leipzig, 1946 Rektor der Universität Leipzig; 1947 Ruf nach Frankfurt am Main; 1949 Ruf nach Heidelberg; 1951 Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften; 1968 Emeritierung und Präsident der Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Weiterführung der Lehrtätigkeit, auch in Amerika und Italien.