Thomas Mann, 1875-1955, zählt zu den bedeutendsten Schriftstellern des 20. Jahrhunderts. Mit ihm erreichte der moderne deutsche Roman den Anschluss an die Weltliteratur. Manns vielschichtiges Werk hat eine weltweit kaum zu übertreffende positive Resonanz gefunden. Ab 1933 lebte er im Exil, zuerst in der Schweiz, dann in den USA. Erst 1952 kehrte Mann nach Europa zurück, wo er 1955 in Zürich verstarb.
Heinrich Detering ist Professor für Deutsche und Vergleichende Literatur an der Universität Göttingen. Über Thomas Mann liegen zahlreiche Veröffentlichungen von ihm vor, u.a. sein Buch »Thomas Manns amerikanische Religion. Theologie, Politik und Literatur im amerikanischen Exil«. Er ist Mitherausgeber der »Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe« der Werke Thomas Manns.
Maren Ermisch, geboren 1976, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Seminar der Universität Göttingen.
Die berühmte Gregorius-Legende, neu erzählt von Thomas Mann
»Der Erwählte« ist Thomas Manns meisterhafte Neuerzählung der mittelalterlichen Gregorius-Legende. Gregorius geht aus der Liebe eines Geschwisterpaares hervor und wird in einem Fässchen dem Meer ausgeliefert. Nach seiner Rettung erhält er eine klösterliche Erziehung und macht sich schließlich auf die Suche nach seinen Eltern. Durch einen Kampf erobert er sich das Herz von Herzogin Sibylla, die seine Gattin wird. Erst nach Jahren stellen sie fest, dass Gregorius seine Mutter geheiratet hat. Er verlässt die Stadt, um fortan als Eremit zu leben. Von einem Fischer wird er auf einen Felsen in einem See gebracht, wo er angekettet siebzehn Jahre verbringt. Zwei römische Gesandte erlösen ihn schließlich aus dieser Buße, und ihre Vision wird Realität: In Rom wird Gregorius zum Papst ernannt. Thomas Mann lernte die Legende als Student in München bereits 1894 in der Fassung Hartmanns von Aue kennen. Während seiner Arbeit an »Doktor Faustus« (1947) stieß er erneut auf den Stoff und formte daraus »dieses in Gott vergnügte Büchlein«. »Der Erwählte« erschien erstmals 1951 bei S. Fischer.